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Unsere Energiewende vs. fremde Investoren

Warum Landkommunen die Energiewende selbst in die Hand nehmen sollten

Fünf Personen ziehen gemeinsam lachend an einem Seil. Rechte untere Ecke: Blauer Farbbanner mit dem Schriftzug "interkommunale Gemeindewerke"
Interkommunale Gemeindewerke haben die Fähigkeit, die Energiewende vor Ort zu gestalten und sich so ihre Unabhängigkeit und Widerstandsfähigkeit langfristig zu sichern.
© Daniel Delang

Die baurechtliche Privilegierung von Windrädern in sogenannten Windvorranggebieten oder entlang von Autobahnen und zweigleisigen Schienenwegen für PV-Freiflächenanlagen durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), macht es fremden Investoren leicht, auch ohne die Zustimmung der Gemeinden Wind- und Solarparks zu errichten. Doch auch außerhalb dieser Flächenkulissen wächst das Interesse von Investoren an Pachtflächen zusehends. Viele bayerischen Kommunen erhalten zahlreiche Bauanträge, die oftmals mit erheblichen Nachteilen für die Menschen vor Ort verbunden sind. Denn die Projekte sind weithin sichtbar, stehen in Konkurrenz zur lokalen Landwirtschaft und entziehen der Region die Wertschöpfung.

Mehr Wertschöpfung und Gestaltungsspielraum vor Ort

Wenn Landkommunen die Energiewende selbst gestalten und auf vielfältige Weise profitieren wollen, dann kann dies mit Hilfe eines interkommunalen Gemeindewerks gelingen. Die Einnahmen aus bspw. Wind- und Solarstrom fließen direkt in die Gemeindekassen der Mitgliedkommunen und können gezielt zur Verbesserung der kommunalen Finanzlage, für die lokale Infrastruktur, Digitalisierung oder soziale Angebote eingesetzt werden. So lassen sich bspw. das Schließen eines Freibads, Kürzungen bei der Vereinsförderung oder eine steigende Verschuldung der Kommune vermeiden. Gleichzeitig wird die lokale Wirtschaft gestärkt und neue Arbeitsplätze sowie mögliche Folgeaufträge für lokale Unternehmen entstehen. So profitieren nicht nur die Mitgliedgemeinden, sondern auch die Wirtschaft vor Ort.

Gegenargumente – und warum sie nicht überzeugen

Häufig wird argumentiert, dass fremde Investoren mehr Know-how und Kapital mitbringen. Doch auch Kommunen können auf Fachwissen zurückgreifen und Förderprogramme nutzen. Ein interkommunales Gemeindewerk kann über die Einnahmen aus dem Energiesektor Fachpersonal einstellen und das erwirtschaftete Kapital in weitere Energieprojekte investieren. Alternativ kann die anfangs vermeintliche „Wissenslücke“ durch die Zusammenarbeit mit lokalen Unternehmen, Stadtwerken oder Bürgerinnen und Bürgern geschlossen werden, denn häufig ist das notwendige Know-How bereits in einer Region vorhanden. Zudem: je mehr interkommunale Gemeindewerke es gibt, umso mehr können die Gemeindewerke durch engen Erfahrungsaustausch voneinander lernen und mögliche Fehlentscheidungen frühzeitig vorbeugen.

Zusammen mit lokalen Partnern und Bürgerbeteiligung können so wirtschaftlich tragfähige Projekte entstehen. Zudem lässt sich das Risiko durch die Zusammenarbeit mit den anderen Mitgliedgemeinden, Bürgerenergiegenossenschaften oder Stadtwerken verteilen – Gewinne und Gestaltungsmöglichkeiten bleiben so in der Region.

Gestaltungsfreiheit und Akzeptanz - Ein häufiges Gegenargument lautet, Großprojekte seien effizienter, wenn sie zentral von einem Investor gesteuert werden. Doch dezentrale Projekte ermöglichen bedürfnisorientierte Lösungen. Mit einem interkommunalen Gemeindewerk entscheiden die Kommunen selber über Standort und Größe der Energieerzeugungsanlagen. Sie werden unabhängig von Wünschen fremder Investoren und können besser auf die Belange von Mensch und Natur vor Ort eingehen. Auf Wunsch der Mitgliedgemeinden übernimmt das eigene Gemeindewerk so die Aufgabe des ortsfremden Investors, sichert entsprechende Flächen und entwickelt die Projekte nach den Wünschen der Menschen vor Ort.

Mehr Unabhängigkeit und Versorgungssicherheit - Durch dezentrale Energieprojekte werden sowohl die Bürgerinnen und Bürger wie auch die Betriebe einer Region unabhängiger von externen Energieversorgern und internationalen Energiemärkten. Auch die Mitgliedskommunen des interkommunalen Gemeindewerkes profitieren von diesem Vorteil und können ihre eigenen Liegenschaften aus den eigenen Energieerzeugungsanlagen versorgen und sich langfristig stabile Strompreise sichern. Die eigene Stromproduktion sorgt nicht nur für mehr Planungssicherheit, sondern erhöht zusätzlich die Versorgungssicherheit der lokalen Bevölkerung und macht sie weniger anfällig für Preisschwankungen oder Versorgungsengpässen. Überlassen Kommunen die Energiewende hingegen fremden Investoren, machen Sie sich von deren Entscheidungen abhängig.

Sektorenkopplung und Innovation

Ein interkommunales Gemeindewerk kann Strom, Wärme und Mobilität gemeinsam denken und innovative Lösungen umsetzen, z.B. durch die Nutzung von Abwärme, den Ausbau von Wärmenetzen oder die Förderung nachhaltiger Mobilität – und das in den Gebieten aller beteiligten Kommunen.

Zeit- und Personalaufwand reduzieren, Expertenwissen nutzen

Kommunale Verwaltungen kommen bereits mit dem Tagesgeschäft an ihre Leistungsgrenzen. Eine zusätzliche Aufgabe, in einem solch großen Umfang wie die Energiewende, ist für eine Kommune alleine nur schwer zu leisten. Ein Gemeindewerk kann diese Koordinierung sowie die Planung, den Bau und den Betrieb der entsprechenden Anlagen jedoch vertrauensvoll übernehmen.

Zukunftsperspektiven: Von der Energieversorgung zur digitalen Kommune

Die Gründung eines interkommunalen Gemeindewerks eröffnet langfristige Entwicklungsmöglichkeiten. Mit den Einnahmen aus der Energiewende können die Mitgliedskommunen bspw. leichter in neue Projekte oder digitale Technologien investieren und ihren Bürgerinnen und Bürgern innovative, plattformbasierte Dienste anbieten – etwa über eine App für das Energiemanagement oder die Vermarktung von Strommengen nach dem EEG. So transformiert sich das interkommunale Gemeindewerk zu einem virtuellen und plattformbasierten Gemeindewerk und kann die Vorteile der Digitalisierung voll ausschöpfen. Die Energie- und Datenwende ist dabei in Bürgerhand. Ein weiterer Pluspunkt: Bürgerinnen und Bürger können auf diesem Weg aktiv eingebunden werden und die Akzeptanz für Projekte steigt.

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