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Kühe als Klimaschützer?

Projekt "Allgäuer Milch und Fleisch gehören zusammen"

Kuh auf Allgäuer Weide
Bei extensiver Weidehaltung sind Kühe weit weniger klimaschädlich als oft dargestellt
© Daniel Delang/ÖMR
Kuh auf Allgäuer Weide Das Team der Öko-Modellregion: Beate Reisacher, Sarah Diem und Cornelia Bögel Kalb auf Allgäuer Weide

„Dauergrünland kann 40% bis 300% mehr Kohlenstoff speichern als Ackerböden, sowohl durch Pflanzen als auch durch den Humus im Boden. Aber nur durch Beweidung kann Dauergrünland sinnvoll und nachhaltig erhalten bleiben“, so Beate Reisacher, die das Projekt „Allgäuer Milch und Fleisch gehören zusammen“ der Öko-Modellregion Oberallgäu Kempten begleitet. Daneben kann Dauergrünland Bodenerosion verhindern, denn gerade auf Hanglagen hält die starke Durchwurzelung mit Gräsern den Boden fest. Beweidete Wiesen weisen auch eine hohe Artenvielfalt auf, selbst ein Kuhfladen ist ein eigener Lebensraum und Nahrungsquelle für Insekten.

„Hier im Allgäu ist Weidehaltung die sinnvollste Form der Bewirtschaftung“, sagt Reisacher. Statt Futtermittel auf Äckern anzubauen, werden Flächen genutzt, die nicht für die Nahrungsmittelproduktion geeignet sind: „Die Rinder verwerten das Gras zu wertvollem tierischem Eiweiß in Form von Milch und Fleisch.“

Regionale Strukturen für Milch und Fleisch

Damit Kühe aber durchgehend Milch geben können, müssen sie jährlich ein Kalb bekommen. „Meist werden die Kälber bereits nach 2 bis 6 Wochen weiterverkauft, manchmal sogar ins europäische Ausland“, erklärt Reisacher, „mit unserem Projekt wollen wir die regionale Aufzucht von Milchviehkälbern fördern.“ So spart man nicht nur den Tieren lange Transportwege, sondern auch Emissionen. Außerdem müssen keine Futtermittel angebaut, gedüngt und importiert werden, wenn die Tiere auf der Weide grasen. Auch das spart Energie und Treibhausgasemissionen ein.

„Leider ist der Aufbau regionaler Strukturen gar nicht so einfach. Wir stehen hier vor einem Henne-Ei-Problem“, sagt Reisacher, „wenn es keine Vermarktungsstrukturen gibt, stellen die Landwirte nicht um. Gibt es keine Produkte, kann nichts vermarktet werden.“ Auch im Allgäu sind die Landwirte Teil eines Systems, das auf Effizienz und Spezialisierung ausgerichtet ist: Die Preise orientieren sich am Weltmarkt. Aus diesem System auszubrechen ist schier unmöglich und gelingt sicher nicht von heute auf morgen.

„Zum Teil sinkt auch die Nachfrage nach Rindfleisch, gerade bei umweltbewussten Verbrauchern“, so Reisacher. Dabei sei die Wirkung von Kühen auf das Klima stark von der Haltungsform abhängig: „Inzwischen betrachtet zumindest die Fachwelt das Thema differenzierter. Es ist aber noch mehr Forschung und Kommunikation nötig.“

Verständnis füreinander schaffen

Kommunikation ist auch ein wichtiger Bestandteil des Projekts. „Wir wollen Landwirte unterstützen, wenn sie sich mit Fragen beschäftigen wie: Wie kann ich im Betrieb Milch und Fleisch zusammendenken? Wo sind mögliche Ansatzpunkte, zum Beispiel weg von Hochleistungsmilchrassen hin zu sogenannten Zweinutzungsrassen. Oder gibt es in meiner Region Partnerbetriebe für die Kälberaufzucht?“, erklärt Reisacher, „daneben wollen wir Verbraucher sensibilisieren und informieren.“ Bei Hofführungen oder im direkten Gespräch auf Veranstaltungen könne man die oft komplizierten Zusammenhänge am besten erklären. Die Projektbeteiligten wollen sich außerdem noch stärker mit Akteuren im Klimaschutz vernetzen: „Wir wollen ein besseres Verständnis für das Thema, aber auch füreinander schaffen.“ Denn Klimaschutz und Artenvielfalt geht nur gemeinsam mit der Landwirtschaft.

Beate Reisacher lebt auf ihrem eigenen Bio-Milchviehbetrieb vor, wie es gehen kann. Alle Kälber dürfen mindestens 3 Monate an ihrer Mutter oder Tante trinken und gehen anschließend zu Partnerbetrieben in die Region. Nach zwei Jahren kaufen wir die Rinder dann zurück und vermarkten sie direkt ab Hof in Form von Fleischpaketen.“ Dadurch können alle Kälber im Allgäu auf der Weide groß werden. Außerdem verzichten Reisachers komplett auf den Einsatz von Getreide oder Kraftfutter.

Die Kuh als Klimaschützer – dank Weidehaltung kein Widerspruch.


Weitere Informationen zum Thema Klimaschutz im Projekt gibt es hier.

Kalb mit seiner Mutterkuh Kühe auf Allgäuer Weide
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