Die Theorie in die Praxis bringen
„Die
Grundidee habe ich 2018 gemeinsam mit meinen Schülerinnen und Schülern
während einer Projektarbeit entwickelt. Die Frage war, wie wir die
Flächenkonkurrenz zwischen Landwirtschaft und Energieerzeugung
minimieren können“, so Rebitzer. Heraus kam eine Agri-PV-Lösung, bei der
Nahrungs- und Futtermittel zwischen Solarmodulen angebaut werden.
Thomas Rebitzer wollte nicht, dass diese Idee nur in einer Schublade
verstaubt, sie sollte auch praktisch umgesetzt werden. Er hat die
Landwirte rund um seinen Wohnort Merching abgeklappert, um einen zu
finden, der seine Fläche für solch eine Anlage zur Verfügung stellt.
„Ein paar Grundvoraussetzungen mussten erfüllt sein: laut zu diesem
Zeitpunkt geltenden EEG müssen Freiflächen-PV-Anlagen in 110 m Abstand
von Gleisen oder Autobahnen gebaut sein. Außerdem darf der Netzanschluss
nicht zu weit entfernt sein, da wir die Kosten für die Leitung selbst
tragen mussten“, erklärt Rebitzer.
Glücklicherweise fand Rebitzer
Ludwig Neuner, der seine Fläche zwischen Bahnstrecke und Einspeisepunkt
an den Biolandwirt Martin Gastl verpachtet hat. Überzeugt von dem
Konzept gründeten sie eine GbR. Rebitzer faszinieren erneuerbare
Energien bereits seit seinem Maschinenbau-Studium: „Die Erneuerbaren
sind mein Hobby. Ich habe vor 20 Jahren ein Passivhaus mit PV-Anlage
gebaut – da gab es noch gar keine Förderung.“ Um finanzielle Vorteile
geht es auch Neuner nicht primär: „Bei mir überwiegt der Umweltgedanke.
Wir müssen endlich was für Klima- und Umweltschutz tun und irgendjemand
muss ja anfangen. Also warum nicht wir?“
Probieren, was wächst
In
der Rekordzeit von nur einem Jahr wurde die geplante Anlage Realität.
„Indem wir eine nachgeführte Anlage nutzen, können wir unseren PV-Ertrag
um 30% erhöhen“, erklärt Rebitzer, „morgens starten die Module in
Nordausrichtung, im Laufe des Tages drehen sie sich Richtung Süden. So
wird der Einstrahlwinkel über den Tag optimiert und wir vermeiden die
typische Mittagsspitze.“
Auf den 14 Meter breiten Reihen zwischen
den Solarmodulen baut Landwirt Gastl weiterhin in seiner typischen
Fruchtfolge an. Im ersten Jahr war das Körnermais. „Am Ende der
Wachstumszeit hat der Mais die Module schon etwas verschattet. Außerdem
ist er sehr sonnenliebend, sodass die Pflanzen direkt neben den
PV-Modulen nicht so gut gewachsen sind“, resümiert Rebitzer. Nun, im
zweiten Jahr, wurde Hafer gepflanzt und diesem haben die Module nicht
geschadet: „Wir probieren einfach aus, welche Pflanzen am besten
wachsen. Außerdem testen wir Beeren und Spalierobst unter den Modulen.“
Die
Resonanz auf das Projekt war sehr positiv. Das Landratsamt und der
Gemeinderat konnten schnell überzeugt werden, ein Bürger wollte sogar
1000 € spenden und sich am Projekt beteiligen. Neuner erzählt: „Wir
konnten das Angebot leider nicht annehmen, aber das Geld wird nun für
Baumpflanzungen in der Gemeinde verwendet.“ Heute bekommen Rebitzer und
Neuner häufig Anfragen für eine Besichtigung der Anlage und auch
Spaziergänger bleiben interessiert stehen.
Hürden für Agri-PV abbauen
Hürden
für ähnliche Vorhaben sieht Rebitzer vor allem in der langen
Planungszeit: „Der Klimawandel wartet nicht. Bauvorhaben für Agri-PV
sollten privilegiert werden, damit die Umsetzung schneller voran geht.“
Auch das Finden einer passenden Fläche bleibt eine Herausforderung, auch
wenn Agri-PV nun in die Sonderausschreibungen des neuen EEG fällt. Für
Rebitzer und Neuner ist es ein Herzensprojekt, denn sie wollen zeigen,
es geht auch anders: „Eine Energiewende aus vielen kleinen Schritten
kann erfolgreich sein. Und der Kampf David gegen Goliath macht auch
Spaß.“
Die beiden planen bereits weiter. Als nächstes wollen sie
eine Batterie als Zwischenspeicher installieren, um Standby-Verluste des
Trafo auszugleichen. Das Feld soll außerdem als Vorzeigefläche für
Agri-PV-Innovationen dienen. Neben der bestehenden Anlage planen sie
eine weitere nachgeführte Anlage in Ost-West-Ausrichtung und den Test
von Photovoltaikröhren. „Wir wollen einfach zeigen, was möglich ist und
andere inspirieren“, fasst Rebitzer zusammen.
Projektgebiet
Regierungsbezirk: Oberbayern
Landkreis: Fürstenfeldbruck
Gemeinden: Althegnenberg
24. November 2021