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Energie aus der Region für die Region

Bürgerenergie im Frankenwald

Wolfgang Degelmann vor Holzstapel
Wolfgang Degelmann ist Vorsitzender des Vereins Energievision Frankenwald in Oberfranken
© Miriam Lohmüller
Windrad Wolfgang Degelmann vor Windrad Windkraftanlagen

Frage: Wie sind Sie mit dem Thema erneuerbare Energien in Berührung gekommen?

Degelmann: Das Thema hat mich gepackt, seit ich meine Diplomarbeit im Landwirtschaftsstudium zur energetischen Nutzung nachwachsender Rohstoffe geschrieben habe. Seit 1992 arbeite ich bei der Kreisgruppe Hof des BUND Naturschutzes und konnte 1995 meinen damaligen Vorgesetzten davon überzeugen bei der Windkraft aktiv zu werden.

F: Warum wollten Sie die Windkraft in der Region etablieren?

D: In den 1990er Jahren war Hof die Stadt mit der schlechtesten Luftqualität in Deutschland. Schadstoffe wurden aus der Kohleverbrennung im Westen und Osten sowie aus der chemischen Industrie im Norden in Richtung Hof geweht. Viele Kinder hatten damals auch gesundheitliche Probleme und die Bevölkerung wollte saubere Luft. Deshalb stieß die Idee einer emissionsfreien Stromversorgung mit Windenergie auf positive Resonanz.

F: Windkraft an Land war damals noch recht unbekannt. Hatte die Bürgerschaft keine Bedenken?

D: Mir war klar, wir müssen die Bevölkerung in das Projekt einbinden, um Bedenken frühzeitig ausräumen. Wir haben Fahrten zu einer der ersten Windkraftanlagen an Land im Erzgebirge organisiert, wo wir uns mit den Anwohnern austauschen konnten. Die einhellige Meinung dort war, dass das Windrad nicht stört.

F: Das heißt, der Bau konnte starten?

D: Zumindest hatten wir nun die Unterstützung der Bevölkerung. Dann stand die Frage der Finanzierung im Raum. Dazu haben wir eine Kommanditgesellschaft gegründet, an der sich 100 Bürgerinnen und Bürger aus der Region beteiligt haben. Die Einnahmen aus der Stromerzeugung des Bürgerwindrads bleiben somit bis heute vor Ort. Errichtet haben wir das Windrad schließlich im Dezember 1995 bei starkem Schneefall und am Dreikönigstag 1996 ging die Anlage ans Netz.

F: Heute sehen wir vom Standort des ersten Windrads in Sellanger viele weitere Anlagen – sind diese auch Bürgerwindanlagen?

D: In Selbitz haben wir noch einen Bürgerwindpark, der Großteil der 113 Windkraftanlagen im Landkreis Hof ist aber in der Hand großer Investoren. Wir haben die höchste Windraddichte Bayerns, was mich natürlich freut. Schöner wäre es aber, wenn mehr davon in Bürgerhand wären.

F: Seit 2006 sind Sie nun bei der Energievision Frankenwald aktiv. Mit welchem Ziel wurde der Verein gegründet?

D: Die Energievision Frankenwald wurde zunächst als LEADER-Projekt gefördert, um touristische Einrichtungen in der Region bei Energieeffizienz und der Nutzung erneuerbarer Energien zu unterstützen. Nach der Projektlaufzeit wurde 2008 der Verein gegründet mit dem Ziel, die Energieversorgung im Frankenwald weitgehend erneuerbar und regional zu gestalten. Projekte sind etwa der Aufbau von Bioenergiedörfern, Führungen und Infotafeln zu interessanten Orten der Energiewende oder Umweltbildungsprogramme.

F: Was ist Ihre Motivation für das Engagement?

D: Wir leben in einer wunderschönen Region, diese müssen wir für uns und unsere Kinder erhalten.

F: Wird die Umsetzung einer erneuerbaren und regionalen Energieversorgung politisch gefördert?

D: Es gibt häufig schon gute finanzielle staatliche Förderungen. Was fehlt ist oft das Personal, um Projekte richtig zu planen und umzusetzen. Hier wären regionale Manager wie bei den Ökomodellregionen ideal, um Interessen zu vernetzen.

F: Wo sehen Sie noch Herausforderungen?

D: Der Wunsch nach Veränderung muss von den Bürgerinnen und Bürgern selbst kommen. Auf dem Land haben wir die Natur direkt vor der Haustür – ich würde mir wünschen, dass die Menschen dieses Privileg stärker zu schätzen wissen. Wir müssen auch bereit sein, etwas zurückzugeben, um unsere Heimat zu erhalten. Ich bin überzeugt, dass die Bevölkerung gerade am Land nicht auf Hilfe von außen warten muss, sondern selbst anpacken kann, um den Schatz der regionalen, erneuerbaren Energieversorgung zu heben. Kurz gesagt, wir können’s und ich wünsche mir, wir würden es auch tun.

F: Herzlichen Dank für Ihre Zeit und das Interview.

Weitere Infos zum Verein gibt es auf der Webseite der Energievision Frankenwald.

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