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Ehrenamt wird hier großgeschrieben

Bürgerbus in Hitzhofen

Ehrenamtliche Fahrerinnen und Fahrer erweitern das Mobilitätsangebot in Hitzhofen
Ehrenamtliche Fahrerinnen und Fahrer erweitern das Mobilitätsangebot in Hitzhofen
© Gemeinde Hitzhofen/ Roland Sammüller

Der Busverkehr der lokalen Unternehmen im Ort wird hauptsächlich zur täglichen Schülerbeförderung genutzt. Die gesamte Gemeinde und der Bürgermeister von Hitzhofen, Roland Sammüller, sahen deshalb schon länger den Bedarf für einen Bürgerbus. „Gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort wollte die Gemeinde eine Möglichkeit schaffen, schnell und einfach an die zentralen Verkehrsknotenpunkte wie Bahnhöfe zu kommen, um von dort den regelmäßig fahrenden ÖPNV nutzen zu können“, betont der Bürgermeister.

Das Fahrzeug wurde von der Gemeinde gekauft, die mehr als die Hälfte des Anschaffungspreises über Zuschüsse erstattet bekam. Des Weiteren wurde Unterstützung für die Erstellung der benötigten ärztlichen Gutachten für das Fahrpersonal bewilligt. Die finanzielle Förderung für das Projekt kam dabei vom Landratsamt Oberbayern.

Haushaltsbefragungen halfen bei der Definition von Zielgruppen

Durch Haushaltsbefragungen im Vorfeld, in denen es um die Nutzung und den Bedarf eines Bürgerbusses ging, wurden für Sammüller drei Zielgruppen ersichtlich:

Arbeitnehmer bzw. Berufstätige

Da die Gemeinde im Speckgürtel der Automobilstadt Ingolstadt liegt, fahren wochentags fast 400 Einwohner zu ihren Arbeitsplätzen nach Ingolstadt. Der Bürgerbus möchte sie mit der Einführung von Morgenfahrten ab 05:45 Uhr unterstützen, den nächstgelegenen Bahnhof zu erreichen, um von dort den Direktzug zum Werk nehmen zu können. Nachmittags gibt es dann Fahrten vom Bahnhof zurück. Doch vielen potenziellen Nutzern fehlt hierbei die Flexibilität, die sie mit ihrem eigenen Fahrzeug hätten.

Einkaufsfahrten und Arztbesuche

In der Gemeinde Hitzhofen gibt es keine Einkaufsmöglichkeiten, Bäckereien und Metzgereien mehr. Einkaufsfahrten und auch Arztbesuche sind deshalb bisher fast nur mit dem Auto möglich. Fahrten mit dem Bürgerbus zu Arztpraxen und großen Einkaufsgebieten werden deshalb von Montag bis Freitagvormittag nachgefragt und sollen vor allem Senioren dabei unterstützen, Aktivitäten des täglichen Bedarfs selbst erledigen zu können.

Für Freizeitaktivitäten

Der Bürgerbus soll auch für Freizeitfahrten genutzt werden. Der Bus kann im Vorfeld mit Fahrerin oder Fahrer für Personengruppen bis zu acht Personen gemietet werden, um auf selbstgewählten Routen Ausflüge zu unternehmen. Am Wochenende steht das Fahrzeug außerdem Vereinen vor Ort zu Verfügung, z.B. für Mannschaftsfahrten zu Auswärtsspielen. Ein Fahrer muss selbst organisiert werden, die Kosten werden pro Kilometer abgerechnet.

Herausforderung, ehrenamtliches Fahrpersonal zu finden

Die Besonderheit in diesem Projekt liegt bei den Fahrerinnen und Fahrern des Busses: alle leben selbst in der Gemeinde und fahren den Bus ehrenamtlich. Momentan sind es 12 Leute, ob Mütter oder Senioren – grundsätzlich kann jeder Fahrer werden. Dennoch fehlen Ehrenamtliche, um alle Fahrzeiten abzudecken. „Ich fahre auch ab und zu“, sagt Sammüller und hofft auf weitere Engagierte, „die Hauptzielgruppe sind Rentnerinnen und Rentner, die noch fit sind und Lust haben, sich zu engagieren.“ Dafür hat der Bürgermeister persönlich über 300 Einwohnerinnen und Einwohner, die über 64 Jahre alt sind, angeschrieben. Leider fiel das Feedback nicht zufriedenstellend aus.

Eine der größten Hürden in der Umsetzung des Projektes lag in der Beschaffung der Konzessionen, da die Fahrerinnen und Fahrer hierfür ein ärztliches und ein augenärztliches Gutachten brauchen. Dies ist mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden. Ein weiteres Problem, das den Start des Projektes verschoben hatte, lag in der Anerkennung durch den örtlichen ÖPNV. Das Landratsamt Oberbayern hatte im Vorfeld beide örtliche Busunternehmen befragt, ob das Projekt in der Gemeinde Hitzhofen durchgeführt werden darf. „Wir mussten sichergehen, dass der Bürgerbus nicht zu Zeiten fährt, die der normale ÖPNV bedient“, so Sammüller, „auch bei den Ticketpreisen darf der Bürgerbus keine Konkurrenz zum ÖPNV sein.“ Die Ausgestaltung der Ticketpreise war daher schwierig, denn der Bürgerbus verlangt deutlich weniger als die lokalen Busunternehmen. „Die gleichen Preise wie der ÖPNV zu verlangen wäre das Aus für unser Projekt gewesen“, meint Sammüller heute, „die Kosten für die kurzen Fahrten wären so viel zu hoch und nicht attraktiv für die Nutzer.“ Doch das Glück lag auf Seiten der Gemeinde: seit diesem Jahr werden Bürgerbusse nach dem gleichen Prinzip wie Rufbusse behandelt. So konnte ein günstiger Tarif erreicht und der Bus am 01.06. schließlich in Betrieb genommen werden.

Seit dem Start wird das Angebot noch nicht wie erhofft angenommen. Die Nachfrage ist überschaubar und teilweise kommen auch Leerfahrten vor. „Hält die geringe Nachfrage bis Ende des Jahres an, müssten wir eventuell auf einen Rufbus umsteigen“, überlegt Sammüller.


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