Einer der Initiatoren des Projekts ist der Osterdorfer Walter Otters, Stadtrat und zweiter Bürgermeister in Pappenheim. Als sein übernächster Nachbar eine Hackschnitzelheizung bauen wollte, kam ihm die Idee, sich dort mitanzuschließen. Schnell kamen weitere Interessenten hinzu, die meist sowieso ihre alten Heizungen austauschen mussten und in dem Anschluss an eine zentrale Hackschnitzelheizung eine Alternative sahen. „Wir haben also im Frühjahr 2020 begonnen, das Interesse im Ort abzufragen“, erinnert sich Otters, „bereits bei der ersten Anfrage hatten wir 50 Rückmeldungen.“
Die Planungen schritten schnell voran. Mit der Firma ENERPIPE aus Hilpoltstein fand sich ein Planer aus der Region: „Hier war von Anfang an Vertrauen vorhanden.“ Nach den Grobplanungen zur Trassenführung und Energiedichte wurde im Herbst 2020 die Genossenschaft gegründet. „Im Frühjahr 2021 startete der Netzbau und im Herbst begannen wir mit dem Bau des Heizhauses“, erzählt Otters. Schon im Januar 2022 wurden die ersten Anschlussnehmer mit Wärme beliefert. Die Heizzentrale wurde dabei vom Amt für Ländliche Entwicklung Mittelfranken gefördert: „Hier hatten wir Glück, denn erst kurz bevor wir den Auftrag vergeben haben, wurden Heizzentralen wieder in die Förderung aufgenommen.“
Bauarbeiten geschickt kombiniert
In seiner Funktion als Stadtrat ist Otters für die Themen Infrastruktur und Digitalisierung zuständig und wollte die Tiefbauarbeiten gleich nutzen, um ein Glasfasernetz für das ganze Dorf zu verlegen: „Dieser Ausbau wird von der Energiegenossenschaft übernommen. Auch hier haben wir mit der Firma Fiber Network einen starken Partner aus unserer Region.“ Finanziell unterstützt wird der Ausbau über die Gigabit-Förderung des Bundes. Langfristig bleibt das Netz im Eigentum der Genossenschaft und wird Internetanbietern zur Nutzung bereitgestellt.
Neben den Glasfaserkabeln wurden zusätzliche Leitungen für das Stromnetz verlegt. Außerdem wurden der Gehweg und die Straßenbeleuchtung erneuert: „Wir haben dabei mit den Stadtwerken und der Stadt Pappenheim zusammengearbeitet und konnten die Kosten für den Tiefbau dritteln.“ Der Ausbau von Infrastruktur – sowohl die Versorgung mit erneuerbaren Energien als auch das Glasfasernetz – könne ländliche Regionen wieder attraktiver für jüngere Generationen machen: „Das sind wichtige Standortfaktoren für zukunftsfähige Dörfer.“
Erfolgsfaktor Dorfgemeinschaft
Der Bau des Nahwärmenetzes war in Osterdorf nicht das erste Projekt, das dank einer aktiven Dorfgemeinschaft gelang: „Ehrenamtliche Helfer haben unser Dorfgemeinschaftshaus mit 13.000 Stunden Eigenleistung gebaut.“ Solche sichtbaren Erfolge machen das Ehrenamt aus Otters Sicht attraktiv. „Bei der Energiegenossenschaft war uns wichtig, dass ein Generationswechsel bei den Machern im Ort stattfindet“, führt Otters aus, „deshalb freuen wir uns, dass die Mitglieder im Vorstand und Aufsichtsrat zwischen 40 und 50 Jahre alt sind.“
Die Energiegenossenschaft denkt bereits an zukünftige Projekte. „Wir haben bisher keine Biogasanlagen im Ort, deren Abwärme wir hätten nutzen können. Deshalb war früh klar, dass am ehesten Hackschnitzel in Frage kommen“, erklärt Otters. Derzeit stammt das Holz aus der Region von der örtlichen Waldgenossenschaft und von einigen Mitgliedern der Energiegenossenschaft. Doch Otters gibt auch zu bedenken: „Noch haben wir genug Holz, doch der Wald steht durch die Hitze und Trockenheit unter Stress. Deshalb wollen wir uns rechtzeitig nach Alternativen umsehen.“ Für die Weiterentwicklung der Wärmeversorgung werden zum Beispiel Wärmepumpen, Solarthermie oder in Zukunft Wasserstoff in Betracht gezogen. Als nächstes wird sich die Genossenschaft der Stromversorgung widmen und voraussichtlich auf dem Dach des Dorfgemeinschaftshauses eine Photovoltaik-Anlage installieren. Das Heizhaus ist bereits mit einer PV-Anlage samt Batteriespeicher ausgestattet.
Vernetzung, Planung, Vertrauen – Tipps für andere Wärmenetze
„Jedes Nahwärmeprojekt ist unterschiedlich, je nachdem, welche Energiequellen verfügbar sind oder welche Dynamik im Dorf herrscht“, denkt Otters, „dennoch gibt es ein paar Punkte, auf die man achten kann.“ So ist es wichtig, von Beginn an Vertrauen in das Projekt aufzubauen und die Menschen mitzunehmen. Außerdem hilft es, sich mit anderen Energiegenossenschaften oder Nahwärmenetz-Aktiven zu vernetzen.
Ein Tipp liegt Otters besonders am Herzen: „Wenn man schon dabei ist, Baumaßnahmen zu planen, sollte man gleich Synergien nutzen und diese von vorneweg einplanen.“ Das heißt, bereits im Leistungsverzeichnis für den Tiefbau sollte stehen, welche weiteren Maßnahmen durchgeführt werden sollen, zum Beispiel das Verlegen von Glasfaser oder Stromleitungen. So kann mit anderen Akteuren wie Stadtwerken bereits im Vorfeld berechnet werden, wer welche Kosten übernimmt: „Bei uns ist auf den Meter genau nachvollziehbar, wie viel der Tiefbaukosten auf jeden der Beteiligten – Energiegenossenschaft, Stadtwerke und Stadt – zukommt.“ Das schafft Vertrauen und vermeidet Diskussionen im Nachhinein.
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