„Im ÖPNV gab es bei uns nur die Schulbuslinien“, berichtet Manfred Sterz, Erster Bürgermeister der Gemeinde Scheyern. Nach Erstellung des Klimaschutzkonzepts war zunächst ein Bürgerbus geplant, doch dafür gab es zu wenige freiwillige Fahrer. Gemeinsam mit dem Klimaschutzmanagement und dem Arbeitskreis Mobilität begab sich die Gemeinde auf die Suche nach Alternativen – das Projekt Flexi kam ins Rollen. „Bei der Umsetzung arbeiten wir eng mit dem Arbeitskreis Mobilität, dem Landkreis als Träger des ÖPNV und dem Verkehrsverbund Großraum Ingolstadt (VGI) zusammen“, so Sterz. Das Fahrzeug selbst ist Eigentum der Gemeinde Scheyern, betrieben wird das Angebot durch das ansässige Busunternehmen Stanglmeier.
Von 0 auf 100 Prozent ÖPNV-Abdeckung
„Vor der Einführung von Flexi war das Gemeindegebiet nicht mit dem ÖPNV erschlossen, nun sind wir bei einer Erschließungsquote von 100 Prozent“, freut sich Michael Euringer, ehrenamtlicher Projektleiter. Von Eltern, die ihr Kind in den Kindergarten bringen, über Schüler auf dem Weg vom Nachmittagsunterricht bis zu Seniorinnen und Senioren – die Zielgruppe ist sehr groß. Insbesondere die umfangreichen Bedienzeiten von 5:30 Uhr bis 23:00 Uhr unter der Woche und 2:00 Uhr am Wochenende und die freie automatische Routenplanung nach Bürgerbedarf ohne hinterlegten Fahrplan gelten als Alleinstellungsmerkmale und zentrale Erfolgsfaktoren.
Ziel des Projekts war es, klimaneutral unterwegs zu sein. Entsprechend schwierig gestaltete sich die Suche nach einem geeigneten Fahrzeug und der entsprechenden Förderung. Der gewählte Bus mit Biogasantrieb wurde aus Italien importiert und von Bürgermeister Sterz persönlich in Passau abgeholt. Hier bekam der Bus noch den letzten Komfortschliff mitsamt Rollstuhlrampe.
Vorfreude bei der Bevölkerung erzeugt
Der Betrieb des VGI-Flexi Scheyern wurde nicht wie üblich auf Basis der gefahrenen Kilometer ausgeschrieben, sondern pro gefahrene Stunde. Obwohl dies ein Defizit bedeutet, wenn keine Fahrgäste transportiert werden, können die Kosten im Voraus verlässlich berechnet werden. „Mittlerweile hat sich das System mehr als bewährt“, freut sich Euringer, „wir haben 550 bis 600 Fahrgäste pro Woche – das ist das Siebenfache der ursprünglichen Schätzung.“
Um das Angebot bereits vor Betriebsstart bekannt zu machen, wurde der Bus samt großer Haltestellenkarte auf Veranstaltungen wie der örtlichen Gewerbeschau oder bei Seniorennachmittagen vorgestellt. Hier wurden erste Fragen geklärt, Flyer verteilt und die Buchung erläutert. Zusätzlich wurde ein professioneller Imagefilm veröffentlicht und bei der Bürgerversammlung präsentiert. „Die Vorfreude war so groß, dass die Bürgerinnen und Bürger der einzelnen Ortsteile sogar die Anzahl ihrer Haltestellen verglichen“, erinnert sich Sterz.
Die Haltestellen im Abstand von maximal 300 Metern wurden vorab persönlich vom dritten Bürgermeister Mahl und Euringer abgefahren, um den Aufbau zu erläutern und Missverständnissen vorzubeugen. Das schönste Erlebnis für Euringer: „Als jemand, der zunächst keine Haltestelle dort wollte, angerufen hat, um sich zu bedanken, dass das Schild angebracht wurde und zu berichten, dass die Kinder den Bus inzwischen rege nutzen.“
Vorzeigeprojekt für den gesamten Landkreis
Um die Nutzung des Flexi weiter zu optimieren, wurden die am häufigsten angesteuerten Haltestellen analysiert. „Die Top Drei sind der Stadtplatz in Pfaffenhofen, die Ortsmitte in Scheyern und der nächste große Supermarkt“, sagt Euringer. Die Nachfrage nach Einkaufsfahrten sei auch deshalb hoch, weil der Vollsortimenter in Scheyern im Mai 2022 als nahegelegene und fußläufig erreichbare Einkaufsgelegenheit schließen musste. „Ein zunächst initiierter liniengebundener Einkaufsbus musste aufgrund der geringen Nutzung nach fünf Wochen eingestellt werden“, erklärt Sterz, „ein paar Monate später startete glücklicherweise der Flexi.“ Auch die Uhrzeiten der Nutzung werden laut Euringer ausgewertet: „Besonders die späteren Zeiten erfreuen sich großer Beliebtheit, den Peak haben wir wochentags zum bisherigen Betriebsende um 21 Uhr ermittelt.“ An Feiertagen war die Nachfrage geringer. Daher wurden im August 2023 die Fahrtzeiten wochentags bis 23 Uhr erweitert und an Sonn- und Feiertagen reduziert.
Das Projekt wurde von verschiedenen Stellen gefördert: die Beschaffung des Busses samt Umbau und Marketingmaßnahmen mit Unterstützung der LAG Landkreis Pfaffenhofen a.d. Ilm e.V. im Rahmen eines LEADER-Projekts durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Die App und der Betrieb über das Modellprojekt VGI NewMIND durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (gemäß der Förderrichtlinie „Modellprojekte zur Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs“). Ende 2024 läuft die 80%ige Förderung aus, die Zukunft des VGI-Flexi Scheyern hängt von weiteren Maßnahmen im Rahmen des Mobilitätsgesamtkonzeptes des Landkreises ab. „Wir beeinflussen mit unserem Projekt dieses Konzept stark“, freut sich Euringer, „denn durch den großen Erfolg ist unser VGI Flexi in aller Munde und gilt als Vorzeigeprojekt.“