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Innovationsfreude zahlt sich für die Energiegenossenschaft Inn-Salzach aus

EGIS eG in der Region Inn-Salzach

Montage von Photovoltaikelementen an einer Lärmschutzwand
Seit 2016 liefert die Lärmschutzwand in Neuötting Strom für die benachbarte Schule
© EGIS eG
Lärmschutzwand mit integrierter Photovoltaik in Neuötting Lärmschutzwand mit integrierter Photovoltaik in Neuötting Lärmschutzwand mit integrierter Photovoltaik in Neuötting

„Wir hatten die richtigen Leute zur richtigen Zeit, um die Energiegenossenschaft zu gründen“, blickt Pascal Lang, Vorsitzender des Vorstands der EGIS eG, zurück. Nach zwei Veranstaltungen mit vielen Interessenten und einem halben Jahr Planung fand Anfang 2013 die Gründungsversammlung statt. Unter den knapp 150 Mitgliedern befanden sich neben Privatpersonen auch einige Kommunen: „Die Kommunen sehen die Genossenschaft als Partner in der Energiewende.“ Mittlerweile zählt die EGIS fast 1.600 Mitglieder aus ganz Deutschland. „Über die Hälfte unserer Mitglieder kommt aber aus dem Landkreis Altötting“, so Lang.

„Es war eine bewusste Entscheidung, dass wir uns nicht regional beschränken“, erklärt Lang, „wir wollen dort Projekte umsetzen, wo es eine Nachfrage gibt.“ Dabei haben immer zunächst Bürgerinnen und Bürger in der Nähe des jeweiligen Projekts die Möglichkeit zur Beteiligung. Die EGIS arbeitet auch mit anderen lokalen Genossenschaften zusammen, denen manchmal die entsprechenden Kapazitäten fehlen: „Wir haben mittlerweile neun feste Mitarbeiter in der Genossenschaft. Darauf können wir stolz sein.“

Photovoltaik-Lärmschutzwand zieht Interesse auf sich

Ein Erfolgsfaktor für die EGIS eG ist, dass der Vorstand und die Mitglieder offen für Neues sind. „Eines unserer innovativen Projekte ist eine Photovoltaik-Lärmschutzwand, die wir entlang einer ehemaligen Bundesstraße in Neuötting im Jahr 2016 realisiert haben“, erzählt Lang, „das war die erste ihrer Art.“ Als in der Kommune ein neuer Bebauungsplan mit Wohnbebauung aufgestellt wurde, war klar, dass ein Lärmschutz nötig wird. Da wenig Platz vorhanden war, fiel die Wahl auf eine Lärmschutzwand, die ansprechend gestaltet werden sollte. „Als wir als EGIS eG davon gehört haben, kam uns die Idee einer PV-Lärmschutzwand“, erinnert sich Lang, „bei unseren Recherchen haben wir keine vergleichbaren Projekte in Deutschland gefunden, also haben wir mit einer Partnerfirma erstmals die PV-Module direkt in eine neu gebaute Lärmschutzwand integriert.“

Der PV-Strom wird an die Schule im Ort geliefert, sodass knapp die Hälfte der Erzeugung lokal verbraucht wird. „Das Interesse für die PV-Lärmschutzwand ist groß. Wir hatten schon Gruppen aus Österreich, Frankreich und sogar Indien zur Besichtigung da“, freut sich Lang, „leider gibt es aber kaum Nachahmer.“ Da es nur wenige Projekte gibt, ist die Umsetzung stark individuell und damit teuer. Deshalb kooperiert die EGIS eG mit dem Fraunhofer ISE in Freiburg, um das Konzept zu standardisieren, so die Kosten zu senken und hoffentlich viele neue und bestehende Lärmschutzwände mit PV-Modulen auszustatten.

Genossenschaftliche Wärmeversorgung

Derzeit ist ein Schwerpunkt das Thema Fernwärme. Das erste Fernwärmeprojekt der EGIS eG liegt in der Gemeinde Emmerting, wo 2020 ein großes Gewächshaus gebaut wurde, das die Abwärme des Müllheizkraftwerks des Landkreises nutzen wollte. Dadurch bot sich die Gelegenheit, die Anwohner ebenfalls an ein Wärmenetz anzuschließen: „Eine Machbarkeitsstudie hat gezeigt, dass die Nachfrage trotz damals niedriger Öl- und Gaspreise da ist. Manche haben sogar ihre wenige Jahre alte Gasheizung ausgetauscht, weil sie sich ans Netz anschließen wollten.“ Die Gesamtinvestitionskosten sind mit 12 bis 14 Millionen Euro hoch, doch die EGIS eG war bereit, hier ins Risiko zu gehen: „Einmal angefangen, kann man nicht mehr aufhören.“ Jetzt sei die Nachfrage wahnsinnig hoch und ein weiterer Ausbau geplant. „Dieses Jahr haben wir 100 Neuanschlüsse, nächstes Jahr wohl etwa 80“, sagt Lang.

Ein genossenschaftlich betriebenes Wärmenetz sei eine der besten Arten der Wärmeversorgung: „Hier kommen keine Neiddebatten gegenüber dem Betreiber auf, weil das Netz in den Händen der Allgemeinheit ist. Fast alle Anschlussnehmer sind Mitglied der Genossenschaft und erhalten damit eine Dividende aus den Gewinnen.“ Daneben können die Preise langfristig stabil gehalten werden und die Gemeinde kann von der Konzessionsabgabe und Einnahmen aus der Gewerbesteuer profitieren. „Ein zweites Fernwärmenetz hat die EGIS eG bereits im Bau, drei weitere sind in Planung“, blickt Lang in die Zukunft, „dabei nutzen wir verschiedene Wärmequellen wie Biogasabwärme oder Geothermie.“

„Kommunen, Bürgerinnen und Bürger, die in der Energiewende aktiv werden wollen, rate ich zum Austausch mit anderen Aktiven“, sagt Lang abschließend, „die EGIS eG teilt gerne ihre Erfahrungen. Außerdem kann man im offenen Gespräch einschätzen, was im Einzelfall Sinn macht: einen Partner zur Umsetzung suchen oder selbst eine Genossenschaft gründen.“


Mehr Infos zur EGIS eG und ihren Projekten liefert die Webseite der Energiegenossenschaft.

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