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Von der Vision zur Umsetzung

Wie das Regionalwerk Unterallgäu die Energiewende aktiv gestaltet

Mehrer Menschen sitzen in einem Saal an vier langen Tischen und schauen zu der Power Point ant der Wand rechts oben.
Gründungsveranstaltung des Regionalwerk Unterallgäu am 16. Dezember 2024.
© Regionalwerk Unterallgäu
Mann sieht lächelnd nach recht. Im Vordergrund: ein Zitat Zwei Männr im Vordergrund, die sich die Hand reichen. Im Hintergrund sitzen zwei Frauen und ein Mann und sehen zu. Männer sitzen an einem Tisch und heben Hände zur Abstimmung in die Luft.

Von der Idee bis zur Gründung

Der Wunsch, ein Regionalwerk zu gründen, entstand aus der Überzeugung, dass die Energiewende nur durch starke interkommunale Zusammenarbeit gelingen kann. Die Initiative startete im Juli 2022 mit dem Ziel, Kompetenzen zu bündeln und gemeinsam Projekte für erneuerbare Energien wie Photovoltaik, Windkraft und Speichersysteme umzusetzen. Der Landkreis und 26 Kommunen erarbeiteten daraufhin mit Unterstützung von Andreas Engl, Geschäftsführer der regionalwerke GmbH & Co. KG und der Rechtsanwaltskanzlei Becker Büttner Held (bbh) eine Geschäftsplanung und Satzung. In den jeweiligen politischen Gremien wurde über eine Mitgründung abgestimmt, wobei auch Gemeinden, die sich zunächst nicht an der Geschäftsplanung beteiligten, noch einsteigen konnten. Am 16. Dezember 2024 gründeten der Landkreis und 29 Gemeinden nach 1,5 Jahren Vorarbeit die Regionalwerk Unterallgäu GmbH.

Flächenakquise, Projektentwicklung und Wirtschaftsplan 

Ein entscheidender Schritt war die Entwicklung eines tragfähigen Wirtschaftsmodells. Nach einem Aufruf an die Kommunen, wurden geeignete Flächen für Photovoltaik-Projekte identifiziert. Das Team um Engl analysierte die technische Machbarkeit und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, wie Netzanschlusspunkte, mögliche Anlagenleistungen und die wirtschaftliche Abbildung sowohl in der Rolle als Projektentwickler als auch für eine spätere Betreibergesellschaft. Auf Basis dieser Analysen entstand ein detaillierter Wirtschaftsplan für die ersten fünf Jahre, der den Kapitalbedarf für den erfolgreichen Start und die Entwicklung des Regionalwerks festlegte. Die Summe von 1,3 Mio. Euro umfasst alle zu erwartenden Kosten, von den Personalkosten für die Geschäftsführung und zusätzlichem Personal über die Büroausstattung bis hin zu den Ausgaben für die Projektentwicklung. Ziel war es, den Finanzbedarf so zu kalkulieren, dass das Regionalwerk in den ersten fünf Jahren solide aufgestellt ist und bis dahin eigene Einnahmen aus den umgesetzten Projekten generieren kann.

Finanzierung und Beteiligung der Kommunen

Die Finanzierung wurde paritätisch auf die Mitgliedskommunen verteilt, sodass die  Eigenkapitalrücklage schlussendlich ca. 43.000€/Kommune betrug. Zudem stellten die Kommunen – ebenfalls paritätisch aufgeteilt – das Stammkapital in Höhe von 25.200€. Die Ausarbeitung des Businessplans sowie der Satzung durch Andreas Engl und bbh stellte einen separaten Auftrag dar. Diese vorausschauende Planung war zentral für die Gründung: Erst als konkrete Projekte identifiziert, der Businessplan und die Summe feststand sowie die Finanzierung geklärt war, konnten die nächsten Schritte, wie die Einstellung des Geschäftsführers und die konkrete Projektentwicklung, eingeleitet werden.

Aufbau und Entwicklung: Vom Kleinunternehmen zur mittelständischen Struktur

Direkt bei der Gründung wurde der Geschäftsführer Dietmar Schell bestellt und eine erste Mitarbeiterin auf Teilzeitarbeitsbasis eingestellt. Das Ziel ist, je nach Ausprägung und möglicher weiterer Geschäftsfelder, ein Wachstum auf 15 bis 30 Mitarbeitende, um das Regionalwerk als attraktives und unabhängiges, mittelständisches Unternehmen langfristig zu etablieren.

Das Regionalwerk setzt auf klare und faire Strukturen: Jeder der 30 Gesellschafter besitzt die gleiche Anzahl an Anteilen am Unternehmen und stellt zudem ein Aufsichtsratsmitglied, das jeweils mit seiner Stimme gleichberechtigt die Geschicke des Unternehmens mitentwickelt. Das garantiert absolute Gleichberechtigung, unabhängig ob es eine kleine oder große Gemeinde ist.

Ziele: Nachhaltigkeit, Unabhängigkeit und regionale Wertschöpfung

Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien stehen Energiespeicherung und die Stärkung der regionalen Wirtschaft im Fokus. Das Regionalwerk soll Kompetenzen bündeln, Projekte mit lokalen Partnern effizient umsetzen und die regionale Wirtschaft stärken. Die neue Gesetzeslage seit Ende 2023 ermöglicht Kommunen die Beteiligung an größeren Erzeugungsanlagen und eröffnet damit wirtschaftlich attraktive Projekte.

Erste Projekte und künftige Schwerpunkte

Das Regionalwerk Unterallgäu konzentriert sich zunächst auf erneuerbare Energien, langfristig sind jedoch auch Projekte wie E-Mobilität, Wasserversorgung, Wärme, Hochwasserschutz etc. denkbar.  Zuerst soll mit PV-Projekten gestartet werden, darunter klassische PV-Freiflächenanlagen und innovative Agri-PV-Anlagen mit Trackingsystem, beide idealerweise gepaart mit lokalen Batteriespeichern. Etliche der Flächen wurden dabei durch Landwirte eingebracht, die aktiv und selbständig von ihnen angeboten wurden. Parallel laufen Projekte im Bereich Windkraft und Großspeichersysteme (BESS).

Die Versorgungskapazität ist beachtlich: Schon mit den beiden größten Anlagen können rechnerisch 9.500 Haushalte versorgt werden (Annahme: 3.500 kWh/Jahr bei einem 3 Personenhaushalt). Mit den weiteren geplanten Anlagen könnten über 17.000 Haushalte versorgt werden, was einem beachtlichen Anteil im Landkreis entspricht.

Herausforderungen: Kommunikation und Akzeptanz

Bei seinem ersten Berührungspunkt zum Thema Regionalwerk, und damit weit vor dessen Gründung, war selbst für Schell als erfahrener Kenner der Energiewirtschaft und Kommunikator nicht klar, was die Aufgaben des Regionalwerks sind und wie es sich von einem klassischen Zweckverband unterscheidet. Das klärte sich für ihn sehr schnell, jedoch erkannt er diese Unsicherheit im direkten Umfeld, weshalb eine klare Abgrenzung und verständliche Information wichtig waren.  

Schell nahm deshalb an zahlreichen Veranstaltungen teil und führte persönliche Gespräche: Von nicht-öffentlichen Sitzungen über öffentliche Gemeinderatssitzungen bis hin zu Bürgerversammlungen stellte er das Konzept immer wieder vor und beantwortete Fragen und beseitigte Bedenken. „Das war enorm wichtig und entscheidend“ äußert Schell, denn oft gab es Verständnisprobleme und strukturelle Bedenken. So wurde teilweise angenommen, dass eine „zusätzliche Verwaltung aufgebaut werden soll, was zu Diskussionen in den Gremien führte. Diese Missverständnisse konnten durch die Veranstaltungen und den direkten Kontakt ausgeräumt werden“.  

Fazit
Die Gründung eines Regionalwerks ist ein komplexer, aber lohnender Prozess. Mit klaren Zielen, transparenter Kommunikation und starker interkommunaler Zusammenarbeit gelingt die Umsetzung regionaler Energieprojekte. Das Regionalwerk Unterallgäu steht für eine zukunftsweisende Energieversorgung, wirtschaftliche Unabhängigkeit und nachhaltige Entwicklung in der Region. Mehr spannende Infos zum Regionalwerk Unterallgäu erhalten Sie in seinem Imagefilm.

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